"Endlich Sommer", rufen die Leute in den Straßencafés und Parks und ziehen sich aus. Laufen in luftigen Kleidchen durch die Gegend. Holen sich Lust von den Sonnenstrahlen, die ihre Innenschenkel kitzeln. "Endlich Sommer", rufen auch die wenigen meiner Kunden, die nicht grad mit der Frau Gemahlin und der schreienden Brut an einem südeuropäischen Strand liegen.
Vor allem die Latexfetischisten unter ihnen. Sie lassen sich jetzt besonders gern in das aufblasbare Gummibett stecken, in dem sie dann bewegungslos und nur über einen Schlauch beatmet vor sich hinschwitzen. Am liebsten stundenlang. Ich sollte meinen Stundensatz verdoppeln, um eine halbwegs anständige Vergütung für die Sauarbeit der Reinigung nach der Session zu bekommen. DAS ist echte Schweißarbeit (ja, gute Sadistinnen quälen auch mit schlechten Wortspielen).
Das Schlimmste aber ist, daß die Fetischisten natürlich auch ihre gebuchte Göttin von Kopf bis Fuß in hautenges Latex gehüllt sehen möchten. Fein. Ich mache mir zwar nicht besonders viel aus dem Material und finde das endlose Einpudern und Ankleiden lästig, aber ich gebe zu, daß sich das Ergebnis sehen lassen kann. Ich sehe aus wie eine Comicversion des schlimmsten vatikanischen Alptraums. In der Aufmachung hätte sich nicht mal die Schlange getraut, mir einen Apfel anzubieten.
Aber im Hochsommer werde ich zu meinem eigenen Alptraum. Ich schwitze schon beim Angucken der Latexkluft. Beim Zuschnüren des Gummikorsetts verabschiedet sich mein Blutdruck in den Sommerurlaub und nach zehn Minuten habe ich zwei Liter Wasser ausgeschwitzt. Zwei Liter, die nicht verdunsten oder sich verflüchtigen können, sondern statt dessen unter dem Latex jede Körperritze erreichen. E-ke-lig. Und so gar nicht herrschaftlich.
Bei diesen Temperaturen möchte ich meine Kunden zum Teufel jagen. Dahin also, wo sie nach kirchlicher Auffassung eh hingehören. Statt dessen möchte ich zusehen, wie die Sonne mit dem hellbraunen Haar meiner Geliebten spielt. Meine wunderschöne Freundin, die die Hitze förmlich aufsaugt und nachts langsam wieder abgibt. Ich möchte dann meinen Kopf in ihrem Schoß vergraben und den Sommer einatmen.
Kommentare